Die Vereinsgeschichte des RGZV Telgte&Umgebung e.V.

1910 - 1930

Der Abend des 18. Dezember 1910 ist kein Abend wie jeder andere. Im Saal der Gaststätte Schmitz in Telgte haben sich an die drei Dutzend Männer versammelt – allesamt honorige Bürger der kleinen Stadt und allesamt aus einem Grund zusammengekommen: Telgte soll endlich einen eigenen Geflügelzuchtverein bekommen. Nach einigen Stunden Beratung ist alles unter Dach und Fach. Der Verein ist gegründet!

Im ersten Protokollbuch des RGZV Telgte und Umgebung liest sich das so:

„Telgte, den 18. December 1910

Am heutigen Tage wurde eine Versammlung einberufen zwecks Gründung eines Geflügel-Zucht Vereins für Telgte und Umgegend. In der gut besuchten Versammlung wurde die Gründung beschlossen und meldeten sich von den Anwesenden 30 zu Mitgliedern. Zum Vorsitzenden wurde Herr Lehrer Berding, zu dessen Stellvertreter Herr Landwirt Harlinde gewählt.
Zum Schriftführer wurde Herr B. Peperhowe, zum Kassenführer Herr B. Wittkamp gewählt, außerdem wurden die Herren W. Röhr, B. Bücker und W. Röttger zu Vorstandsmitgliedern ernannnt. Die übrigen Mitglieder sind folgende:
B. Pagenkämper, H. Freisfeld, B. Stentrup, E. Schulte, J. Schirmer, F. Inkrot, W. Filies, B. Hurk, W. Nirmann, J. Börding, Cl. Janning, W. Vages, H. Boje, A. Bücker, B. Lurbon, A. Bröskamp, H. Wie, A. Kemper, S. Horstmann, H. Kuhlmann, Th. Wüllenkemper, B. Engberding, B. Hackmann.“

Warum brauchte Telgte einen Geflügelverein? Um zu verstehen, was die 30 Telgter zusammenbrachte, ihren Verein zu gründen, muss man verstehen, welchen Stellenwert die Geflügelzucht in einer ländlichen Gemeinde zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte. Im Ackerbürgerstädtchen Telgte und in den umliegenden Bauerschaften hielten nicht nur die Landwirte Geflügel. Auch in der Altstadt gehörten Hühner und Tauben zu vielen Hausständen ganz selbstverständlich dazu. Nicht wie heute des Freizeitwertes wegen – Geflügelzucht war vielmehr ein Wirtschaftsfaktor und von Bedeutung, wenn es um die Versorgung des Haushaltes mit Eiern und Fleisch ging. Und so waren es handfeste wirtschaftliche Interessen, die die Geflügelzucht im Sinne einer Ertragsoptimierung voranbringen wollten. Gänzlich unberührt von der Fasziniation, die auch heute Hobby-Rassegeflügelzüchter noch gefangen nimmt, werden auch die Telgter Vereinsgründer nicht gewesen sein. Doch der Freizeit-Aspekt stand bei weitem nicht so im Vordergrund wie heute.

Der junge Verein begann schon bald nach seiner Gründung, seinen Mitgliedern die Grundzüge moderner Tierzucht nahezubringen. So wurden nicht nur Schulungsabende organisiert. Mit einem Zuschuss der Landwirtschaftskammer richteten die Telgter auch eine „Zuchtstation“ ein, die auf dem Hof Vernauer mit weißen Rameslohern besetzt war. Höhepunkt des Vereinsjahres war jedoch – und daran hat sich bis heute nichts geändert – die Vereins-Geflügelschau. Am 15. November 1911 war es erstmals soweit: Ein Preisrichter, eigens aus Münster angereist, nahm bei einer Stammschau 74 Stämme Hühner und 24 Stämme Tauben und Gänse in Augenschein. Die Geflügelzüchter, deren Verein nach dieser ersten Schau auf über 70 Mitglieder anwuchs, arbeiteten in den Folgejahren eng mit dem Telgter Obstbauverein zusammen und organisierten eine gemeinsame Leistungsschau.

Der erste Weltkrieg machte dem aufblühenden Vereinsleben zunächst ein Ende. Viele Zuchten wurden angesichts der kritischen Versorgungslage aufgegeben. Erst Anfang der 1920er Jahre wurde die Reihe der Ausstellungen fortgesetzt. Der Telgter Verein fasste wieder Fuß, bis zum Jahr 1930 wuchs er auf 130 Mitglieder an.

1931 - 1950

„Der Geflügelzuchtverein Telgte gehört mit zu den führenden Vereinen des Fachschaftsbezirkes und hat bei den Beschickungen auswärtiger Ausstellungen oftmals die besten Anerkennungen erhalten.“
So gratulierte die Lokalzeitung 1935 zum 25jährigen Bestehen des Telgter Vereins. Die 1930er Jahre standen im Zeichen einer Konsolidierung von Zuchtarbeit und Vereinsleben. In diese Zeit fällt ein personeller Wechsel in der Vereinsspitze, der die Geschicke der Telgter Geflügelfreunde über Jahrzehnte prägen sollte: 1938 wurde Bernhard Köper zum Vorsitzenden gewählt. Er leitete den Verein über 35 Jahre lang.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs setzte auch dieser Phase des Aufblühens ein Ende. Zwar wurde die Reihe der Geflügelschauen, anders als im Ersten Weltkrieg, diesmal nicht unterbrochen. Doch waren in den Kriegs- und Nachkriegsjahren die Rahmenbedingungen für die Rassegeflügelzucht alles andere als günstig.

In die Nachkriegszeit fällt die Gründung der RGZV-Jugendgruppe. Im Jahre 1949 ergab eine Auswertung des Mitglieder-Registers, dass das Durchschnittsalter der Züchter über 40 Jahre betrug – Grund genug, die Gründung einer Jugendgruppe zu betreiben, die den Züchter-Nachwuchs für das Hobby gewinnen sollte. Unter der Leitung des damaligen zweiten Vorsitzenden Gerd Jürgens startete der RGZV eine Werbekampagne an den Telgter Schulen, die von Erfolg gekrönt war: 40 Mädchen und Jungen meldeten sich für die Jugendgruppe an.

Zum 40-jährigen Vereinsbestehen im Jahre 1950 hatten die Telgte Rassegeflügelzüchter wieder „Vorkriegsniveau“ erreicht. 490 Tiere, davon 81 aus der Jugendgruppe, wurden bei der Jubiläumsschau gezählt.

1951 - 1970

Auf die Nachkriegsjahre und den Wiederaufbau auch im Telgter Rassegeflügelzuchtverein folgte in den 1960er Jahren eine Phase der Konsolidierung, in der das Vereinsleben in ruhigen Bahnen verlief. Zum Ende des Jahrzehnts kündigte sich jedoch ein Generationswechsel an, der in den Jahren 1968 bis 1973 auch personell vollzogen wurde.

1971 - 1990

Mit der Jahreshauptversammlung 1973 wurde die Erneuerung der Vereinsführung abgeschlossen. Alfons Karrengarn übernahm als 1. Vorsitzender die Verantwortung für die Geschicke des Vereins; eine Aufgabe, die bis 1996 ausfüllte und in deren Erfüllung er Maßstäbe setzte.

Mit der kommunalen Neuordnung in Nordrhein-Westfalen verschoben sich auch die Grenzen für die Telgter Rassegeflügelzüchter. Gehörte die Emsstadt Telgte bis 1974 zum Kreis Münster, wurde sie nun dem Kreis Warendorf zugeschlagen. Ein Wechsel, den der Telgter Verein nicht mit vollziehen mochte: Die Vereinsmitglieder votierten für einen Verbleib im Münsteraner Kreisverband, der aus diesem Anlass seinen Namen durch den Zusatz „und Umgebung“ erweiterte. Dass sie zur „Umgebung“ wurden, bedeutete für die Telgter jedoch keineswegs, an den Rand gedrängt worden zu sein. Im Kreisverband Münster und Umgebung hat der Telgter Verein seit Jahren als mitgliederstärkster Verein Gewicht.

Im Ausstellungsgeschehen brachte das Jahr 1979 eine Neuerung: Erstmals wurde ein Wettkampf um den Titel des „Vereinsmeisters“ ausgetragen. Erster Erringer des Preises waren Alfons und Michael Karrengarn – es sollte nicht ihr letzter Sieg in diesem Wettkampf sein.

Noch viel einschneidender für das Vereinsleben erwies sich der Abriss des Telgter Kolpinghauses. Bald nach der Vereinsschau 1984 rückte am Baßfeld der Bagger an. Als er den traditionsreichen Kolpingsaal dem Erdboden gleichgemacht hatte, stand auch der RGZV Telgte heimatlos, das heißt: ohne Ausstellungslokal, da. Dem Reit- und Fahrverein Gustav Rau ist es zu verdanken, dass sich die Jubiläums-Rassegeflügelschau mit angeschlossener Kreisverbandsschau im Jahr 1985 größer und umfangreicher präsentierte, als dies im Kolpinghaus jemals möglich gewesen wäre. Für fünf Tage stellte der RV Gustav Rau seine Reithalle in Vadrup zur Verfügung – der Beginn einer langen und fruchtbaren Zusammenarbeit beider Vereine, die für die Telgter Geflügelschauen ganz neue Rahmenbedingungen gesetzt hat.

1985 – 75 Jahre RGZV Telgte

1985 - 75 Jahre RGZV Telgte

1985 – 75 Jahre RGZV Telgte – Die Jugendgruppe

 1985 - 75 Jahre RGZV Telgte - Die Jugendgruppe

1985 – 75 Jahre RGZV Telgte – Der Vorstand

seit 1990

Denn der Umzug nach Vadrup erwies sich als Glücksfall für den Rassegeflügelzuchtverein und seine Ausstellungen. Die im Vergleich zum alten Kolpingsaal ungleich geräumigere Halle ermöglichte eine großzügigere Tierpräsentation. Der einreihige Käfigaufbau ist nach langen Jahren der „Hochstapelei“ nun der Standard der Telgter Geflügelschauen. Dies gilt erst recht, seit der RV Gustav Rau 1998 eine neue Reithalle außerhalb des Vadruper Ortskern in Betrieb genommen hat. Sie sichert mit moderner Architektur, großzügigen Raummaßen und gepflegten Nebenräumen allerbeste Präsentations-Möglichkeiten für das Rassegeflügel. Zahlreiche überregional agierende Sondervereine haben bereits eine Sonder- oder Hauptsonderschau an die Telgter Vereinsschau angeschlossen oder haben dies für die kommenden Jahre bereits fest zugesagt. Und auch das Publikum ist der Rassegeflügelschau treu geblieben: Viele Telgter machen sich, manche schon seit Jahrzehnten, in jedem Jahr am ersten Novemberwochenende auf den Weg nach Vadrup. Und zahlreiche Westbeverner und Vadruper Bürger haben die Veranstaltung neu in ihr Freizeitprogramm aufgenommen.

Gegen Ende des Jahres 2002 verzeichnet die Mitgliederliste des RGZV Telgte und Umgebung über 80 Frauen und Männer, die sich als aktive Züchter oder unterstützende Mitglieder dem Hobby Rassegeflügelzucht verschrieben haben. Mitglieder des Telgter Vereins sind mit ihren Tieren weit über die Grenzen der Emsstadt hinaus auf überregionalen Ausstellungen erfolgreich; zum RGZV Telgte und Umgebung zählen Deutsche und Europameister.

2001 – Bilder von der Vereinsschau